Politik

Wie stehen die Darmstädter Bürgermeisterkandidaten zu Cannabis?

Wir haben die Parteien in Darmstadt nach ihrer Meinung zu Cannabis gefragt. Wo sehen sie Verbesserungspotential derzeitiger Gesetze? Was erwarten sie im Zuge einer Legalisierung? Wie sollte man ihrer Meinung nach mit Konsumenten umgehen? Die offen formulierten Fragen ermöglichten den Kandidaten, ihre Standpunkte im weiteren Zusammenhang zu erläutern. Die Antworten helfen zu beurteilen, wer kompetent und gewillt ist, eine moderne, wissenschaftsbasierte und verantwortungsbewusste Drogenpolitik in Darmstadt umzusetzen.

Folgende Kandidaten haben geantwortet: Gerburg Hesse-Hanbuch (FDP), Kerstin Lau (Uffbasse), Harald Uhl (Freie Wähler), Michael Kolmer (Die Grünen), Uli Franke (Die Linke), Holger Klötzner (Volt).

Hier das Fazit unserer Befragung:

Geltende Regeln für Nutzhanf

Alle Kandidaten äußern sich positiv zur Verwendung von Nutzhanf. Für Hans Kolmer (Die Grünen) ist Nutzhanf ein nachhaltiger Rohstoff mit Zukunftspotential. Uli Franke (Die Linke) findet die Begrenzung des THC-Gehalts in Nutzhanf zu niedrig. Frau Gerburg Hesse-Hanbuch (FDP) kennt sich auch mit den Vorteilen von Hanf in Lebensmitteln aus. Die Nachfrage nach CBD-haltigen Produkten sei hoch. Die Rechtssicherheit für Produzenten, Händler und Verbraucher allerdings unzureichend. Hier müsse schnell Klarheit geschaffen werden.

Geltende Regeln für Medizinalhanf

Auch der medizinische Einsatz von Cannabis durch Ärzte wird von allen Kandidaten akzeptiert. Uli Franke kritisiert jedoch die schlechte Versorgungslage in Deutschland, bedingt durch mangelhafte Vergabe von Anbaulizenzen. Laut Apothekerin Hesse-Hanbuch sollen die bürokratischen Hürden für die Verordnung von Medizinalhanf gesenkt werden, damit mehr Patienten davon profitieren können. Leider scheint keinem Kandidaten bekannt zu sein, wie oft Cannabis-Patienten und ihre Ärzte wegen ordnungsgemäß verschriebener Medizin in rechtliche Schwierigkeiten geraten.

Zweckmäßigkeit und Sinn des BtmG zu Hanf im Allgemeinen

In Bezug auf das Verbot von Cannabis (beispielsweise als Genussmittel) waren Antworten tendenziell vorsichtiger formuliert. Auffällig ist, dass kein einziger Kandidat die derzeitige Strafverfolgung von Cannabiskonsumenten befürwortet. Kerstin Lau (Uffbasse) beleuchtet die derzeitige Prohibition im Hinblick auf die negativen gesellschaftlichen Folgen. Dabei kennt sie sich überraschend gut mit Daten und Fakten aus. So haben wir beispielsweise erfahren, dass “in Deutschland mehr als 10 Millionen strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Menschen aufgrund von Cannabisdelikten geführt” werden. Deswegen hofft Kerstin Lau auf umfassende Entkriminalisierung und verantwortungsvolle Liberalisierung. Kommunale Modellprojekte (schadensminimierende Ansätze in Drogenpolitik) in Darmstadt würde sie unterstützen. Auch laut Gerburg Hesse-Hanbuch müsse das BtmG im Hinblick auf Cannabis dringend liberalisiert werden. Uli Franke (Die Linke) befürwortet eine kontrollierte Abgabe an Volljährige und den legalen Anbau geringer Mengen zum Eigenverbrauch. Er lobt das Darmstädter Projekt Scentral. Holger Klötzner (Volt) hat sich ausführlich geäußert, als einziger Kandidat beschreibt er die Problematik der Nachweisbarkeit von Cannabis im Straßenverkehr. Er kritisiert, dass Menschen mit problematischem Konsumverhalten wegen der Kriminalisierung und gesellschaftlichen Ächtung vermeiden, Therapieangebote aufzusuchen. Harald Uhl (Freie Wähler) sieht als einziger Kandidat keinen Reformbedarf. In seiner Antwort haben wir immerhin keine Argumente gegen Reformen gefunden.

Legalisierung a la Ampel

Das Reform-Vorhaben der Bundesregierung (Legalisierung von Cannabis) wird von den meisten Kandidaten begrüßt. Obwohl die Bundesregierung noch keinen fertigen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht hat, zeichnen sich bereits Erwartungen ab. Gerburg Hesse-Hanbuch rechnet mit einer Entlastung von Polizei, Justiz und Gesundheitswesen. Michael Kolmer erwartet besseren Schutz von Konsumenten und Jugendlichen. Kerstin Lau findet die enorme Anzahl der strafrechtlich verfolgten Konsumenten in Deutschland gesellschaftlich nicht nützlich, sondern erschreckend. Sie erwartet daher enorme positive Auswirkungen in diversen Bereichen. Uli Franke geht die Reform zu langsam. Harald Uhl hat noch keine abschließende Meinung. Immerhin befürchtet kein Kandidat, als Oberbürgermeister von Darmstadt mit potentiellen negativen Folgen der Reform in unzumutbarer Weise konfrontiert zu werden.

Einstellung von Strafverfahren bei geringen Mengen Cannabis (gemäß § 31a BtMG)

Bei allen Kandidaten, die eine Legalisierung von Cannabis befürworten, gehen wir davon aus, dass sie das Einstellen von Strafverfahren bei konsumbezogenen Delikten ebenfalls befürworten oder sogar ausweiten möchten. Nicht alle Kandidaten sind auf diese Frage explizit eingegangen. Einige haben sinnvolle Vorstellungen zum Einstellen von Strafverfahren geäußert. So erklärt Gerburg Hesse-Hanbuch, die aktuelle hessische Regelung zwinge Gerichte, jeden noch so kleinen Einzelfall zu beurteilen, ob ein gesellschaftliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Das erscheint ineffizient. Kerstin Lau sieht in der unklaren und uneinheitlichen Regelung zudem ein Einfallstor für Ungerechtigkeit und Willkür. Wir finden eine konsumentenfreundliche und verfassungskonforme Neuregelung dringend notwendig.

Wir bedanken uns bei allen Kandidaten, die unsere Prüfsteine beantwortet haben und hoffen, dass unser Beitrag den WählerInnen in Darmstadt bei ihrer Entscheidung hilft.

Fragen und Antworten im Wortlaut

Im folgenden Abschnitt findet Ihr alle Fragen und Antworten im Wortlaut. Zum Öffnen einfach auf die entsprechende Antwort klicken.

Alle Fragen im Wortlaut
1. Die derzeitige Situation

Wie bewerten Sie die aktuell geltende Regeln für den Umgang mit

a) Nutzhanf
b) Medizinalhanf
c) Illegalen Cannabis Produkten

Gibt es direkte Auswirkungen auf die Stadt Darmstadt?

Sollten Ihrer Meinung nach bestimmte Gesetze reformiert werden?

Wie bewerten Sie die verwaltungsrechltichen Bestimmungen für den Gebrauch von Cannabis?

Was halten Sie von lokal und zeitlich begrenzten wissenschaftlich begleiteten Modellprojekten für schadensminimierende Ansätze in der Drogenpolitik? Würden Sie solche Initiativen in der Wissenschaftsstadt Darmstadt begrüßen?

2. Das Reform-Vorhaben der Bundesregierung

Wie finden Sie das kontrovers diskutierte Reform-Vorhaben der Bundesregierung zur Regulierung von Cannabis?

Rechnen Sie mit Auswirkungen auf die Stadt Darmstadt?

Entwickeln Sie Pläne zur Bewältigung der dadurch entstehenden Herausforderungen sowie zur Nutzung der daraus erwachsenden Chancen?

Wie hoch schätzen Sie die dann eintretende Entlastung für Polizei und Justiz in Darmstadt ein? Werden gegebenenfalls andere Strafverfahren schneller bearbeitet?

Rechnen Sie mit einer Entlastung oder Belastung des Gesundheitswesens?

3. Länderspezifische Bestimmungen

In Hessen kann ein Strafverfahren bei Besitz einer geringen Menge Cannabis eingestellt werden. In einer Rundverfügung der Generalstaatsanwaltschaft von 06.05.2008 steht:

"Bezieht sich ein Konsumentenvergehen der vorbezeichneten Art auf Cannabisprodukte, ist bei Gewichtsmengen bis zu sechs Gramm grundsätzlich gemäß § 31 a BtMG von der Strafverfolgung abzusehen. Ein folgenloses Absehen ist auch bei wiederholter Tatbegehung zum gelegentlichen Eigenverbrauch nicht ausgeschlossen."*

Wie bewerten Sie diese hessische Regelung?

4. Sonstiges: Möchten Sie uns etwas anderes zum Thema Cannabis oder Drogenpolitik mitteilen?
Antwort Michael Kolmer (Grüne)
vielen Dank für den Fragenkatalog ihres Verbandes. Gerne beantworte ich Ihnen, soweit es mir möglich ist, Ihre Fragen.

Die finale Einschätzung über die Anwendung von Hanfprodukten im medizinischen Umfeld möchte ich Fachmediziner*innen und Pharmazeut*innen überlassen, jedoch sind mir durchaus positive Anwendungsgebiete und -Fälle im therapeutischen Einsatz von cannabinoiden Wirkstoffen, zum Beispiel in der Behandlung Krebserkrankter, bekannt, sodass ich dem aufgeschlossen gegenüber stehe. Grundsätzlich sind mir auch die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten für Nutzhanf als nachwachsender Rohstoff, beispielsweise als Dämmstoff in der Bauindustrie, bekannt. Ich begrüße die Erprobung und vermehrte Nutzung von Nutzhanf auch in anderen Bereichen.  

Bei der aktuellen Debatte um die Legalisierung von Cannabis-Produkten stehe ich dem Vorhaben der Bundesregierung vorsichtig offen gegenüber. Zentraler Punkt hierbei ist für mich, die Konsument*innen von Cannabisprodukten zu schützen und diesen Markt abzukoppeln vom Markt für sogenannte „harte“ Drogen. Hierdurch kann meiner Auffassung nach der Jugendschutz gestärkt und Präventionskonzepte zielgerichteter gestaltet werden. Durch den legalen Verkauf können Verunreinigungen der Rauschsubstanzen verhindert und die Konsument*innen besser geschützt werden.

Die Pläne zur Prävention und des Jugendschutzes sind für mich bei einer möglichen Legalisierung deshalb ebenso zentral. Die momentane Situation halte ich für unbefriedigend, nicht zuletzt durch eine überlastete Justiz.  

Für Darmstadt sehe ich keine unmittelbaren Auswirkungen. Sollte sich die Gesetzeslage ändern, werden wir uns zusammen mit dem Sozialamt, dem Gesundheitsamt und mit den lokalen Ordnungsbehörden darauf einstellen.
Antwort Harald Uhl (Freie Wähler)
1. Die derzeitige Situation

Wie bewerten Sie die aktuell geltende Regeln für den Umgang mit
a) Nutzhanf Für Baumaterialien ok.
b) Medizinalhanf Bei Ärtztlicher indikation und Anordnung, begleitung, ok
c) Illegalen Cannabis Produkten Abzulehnen

Gibt es direkte Auswirkungen auf die Stadt Darmstadt?
Unbekannt, ich bewege mich nicht in der Szene um davon etwas mitzubekommen, lediglich am Südbahnhof den shop kenne ich.

Sollten Ihrer Meinung nach bestimmte Gesetze reformiert werden?
Nein, sehe ich derzeit keinen Anlass, man sollte aber Aktuell und zeitgemäß dabei bleiben.

Wie bewerten Sie die verwaltungsrechltichen Bestimmungen für den Gebrauch von Cannabis?
Tja wir leben nunmal in Deutschland, da hat alles seine Richtigkeit.

Was halten Sie von lokal und zeitlich begrenzten wissenschaftlich begleiteten Modellprojekten für schadensminimierende Ansätze in der Drogenpolitik? Würden Sie solche Initiativen in der Wissenschaftsstadt Darmstadt begrüßen?
Gibt es die nicht schon, warum in Darmstadt, was zeichnet Darmstadt aus, oder Qualifiziert es dafür, ein gekaufter Titel ?

2. Das Reform-Vorhaben der Bundesregierung

Wie finden Sie das kontrovers diskutierte Reform-Vorhaben der Bundesregierung zur Regulierung von Cannabis?
ich nehme gespannt teil und informiere mich, habe aber noch keine abschliessende Meinung.

Rechnen Sie mit Auswirkungen auf die Stadt Darmstadt?
Ja, nein, hab ich eine Glaskugel vor mir liegen ?

Entwickeln Sie Pläne zur Bewältigung der dadurch entstehenden Herausforderungen sowie zur Nutzung der daraus erwachsenden Chancen?
Wenn,s soweit ist kann ich ggf. reagieren.

Wie hoch schätzen Sie die dann eintretende Entlastung für Polizei und Justiz in Darmstadt ein? Werden gegebenenfalls andere Strafverfahren schneller bearbeitet?
Frage die Glaskugel, woher soll ich wissen was in der Zukunft passiert.

Rechnen Sie mit einer Entlastung oder Belastung des Gesundheitswesens?
Frage die Glaskugel, woher soll ich wissen was in der Zukunft passiert.

3. Länderspezifische Bestimmungen

In Hessen kann ein Strafverfahren bei Besitz einer geringen Menge Cannabis eingestellt werden. In einer Rundverfügung der Generalstaatsanwaltschaft von 06.05.2008 steht:
"Bezieht sich ein Konsumentenvergehen der vorbezeichneten Art auf Cannabisprodukte, ist bei Gewichtsmengen bis zu sechs Gramm grundsätzlich gemäß § 31 a BtMG von der Strafverfolgung abzusehen. Ein folgenloses Absehen ist auch bei wiederholter Tatbegehung zum gelegentlichen Eigenverbrauch nicht ausgeschlossen."*

Wie bewerten Sie diese hessische Regelung?
Kommt auf den Einzelfall an.
*Quelle:
https://hanfverband.de/sites/hanfverband.de/files/rundverfuegung_der_generalstaatsanwaltschaft_hessen.pdf

4. Sonstiges

Möchten Sie uns etwas anderes zum Thema Cannabis oder Drogenpolitik mitteilen?
Ich habe schon vor etlichen jahren den Letzten Joint geraucht, mir hat das nie was gebracht, ich wurde immer müde und bin eingeschlafen, deshalb waren, sind, solche Drogen für mich Geld und Zeitverschwendung, mal als Normaler Ex Konsument gesprochen, andere Drogen habe ich nie Konsumiert und kann dahen nicht mitreden.

Wenn Sie nichts dagegen haben, würden wir gerne Ihre Antworten auf unseren Sozial Media Kanälen veröffentlichen.

In diesem Sinne wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Wahl zum Oberbürgermeister.
Antwort Kerstin Lau (UFFBASSE)
vielen Dank für die Kontaktaufnahme und den Fragenkatalog bezüglich meiner drogenpolitischen Einstellungen, welchen ich im Folgenden beantworten werde.
1. Die derzeitige Situation
Wie bewerten Sie die aktuell geltende Regeln für den Umgang mit
a) Nutzhanf
Der Anbau von Nutzhanf ist aktuell unter bestimmten, eng vorgegebenen Voraussetzungen
Unternehmen der Landwirtschaft erlaubt. Eine weitere Anpassung der Legalität von Nutzhanf
wird vermutlich im Rahmen der von der Ampel geplanten vollzogen werden müssen, um
Widersprüche zu vermeiden.
b) Medizinalhanf
Die Fachliteratur ist sich dahingehend einig, dass Hanf zu medizinischen Zwecken bei gewissen
Krankheitsbildern helfen kann. Seit 2017 wurde durch das Gesetz „Cannabis als Medizin“
Patientinnen und Patienten die Möglichkeit eröffnet, bei schwerwiegenden Erkrankungen
medizinisches Cannabis als Therapiealternative oder Begleitmedikation zu nutzen.
Auch hier wird vermutlich eine Anpassung im Rahmen der von der Ampel geplanten
Legalisierungsmaßnahmen stattfinden müssen, um Widersprüche zu vermeiden.
c) Illegalen Cannabis Produkten
Hier ist grundsätzlich die Bundespolitik zuständig beziehungsweise aktuell erst einmal die EU.
Auf kommunaler Ebene gibt es dabei nicht viele Einwirkungsmöglichkeiten. Grundsätzlich
stehe ich einer Legalisierung aber sehr positiv gegenüber und hoffe, dass auf Ebene der EU
alsbald die nächsten Schritte ergriffen werden, um eine umfassende Entkriminalisierung und
eine verantwortungsbewusste Legalisierung zu ermöglichen.
Dies ist dabei auch dringend nötig: Die derzeitige Situation ist geprägt von einem
unverhältnismäßigen Misstrauen des Staates gegenüber seiner Bürger. Aktuell werden in
Deutschland mehr als 10 Millionen strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Menschen
aufgrund von Cannabisdelikten geführt. Mehr als 500.000 Menschen wurden infolge der
Prohibition von Cannabis inhaftiert. 1 Laut der polizeilichen Kriminalstatistik gab es allein im
Jahr 2018 179.700 konsumbezogene Cannabisdelikte. 2 82 % dieser erfassten
Ermittlungsverfahren waren dabei reine Konsumentendelikte. 3
Für mich sind diese Statistiken erschreckend. Im Falle tatsächlicher Suchterkrankungen sollte
der Cannabiskonsum lieber durch gezielte Hilfsangebote bekämpft werden, abgesehen davon
sollte der Cannabiskonsum genauso normal und vor alle dem legal sein wie der Konsum von
Alkohol. Cannabis ist eine Volksdroge und die Kriminalisierung nur ein Relikt alter Zeiten,
welches jedes Jahr viele Millionen oder gar Milliarden 4 an Steuergeldern verschlingt und
Menschen kriminalisiert und damit in potenziell existenzgefährdende Notlagen bringt, die
1
Daten und Zahlen aus der Vorlage des Richter am Amtsgericht Müller an das Bundersverfassungsgericht,
Aktenzeichen 2 Cs 226 Js 7322/19 (346/19), abrufbar unter https://hanfverband.de/kampagnen/richtervorlage
(25.01.2023).
2
vgl.: Polizeiliche Kriminalstatistik 2018.
3
Vorlage des Richter am Amtsgericht Müller an das Bundersverfassungsgericht, Aktenzeichen 2 Cs 226 Js
7322/19 (346/19), abrufbar unter https://hanfverband.de/kampagnen/richtervorlage (25.01.2023).
4
https://hanfverband.de/kampagnen/studie-kosten-prohibition (25.01.2023)keinem etwas getan haben. Abgesehen davon ist auch die Hoffnung auf Steuereinnahmen durch
die Legalisierung und einen besseren Jugend- und Gesundheitsschutz überwiegend gegenüber
einer weiteren Prohibition. Insofern bin ich für eine möglichst schnelle und umfassende
Legalisierung.
Gibt es direkte Auswirkungen auf die Stadt Darmstadt?
Auch die Darmstädter Bürger leiden unter der Prohibition von Cannabis. Ferner verschlingen
auch die Darmstädter Behörden in diesem Zusammenhang Steuergelder, die wesentlich
wirksamer eingesetzt werden könnten. Für die Allgemeinheit mögen diese Auswirkungen zwar
banal klingen, für betroffene aber haben sie umfangreiche und gegebenenfalls
existenzbedrohende Auswirkungen.
Sollten Ihrer Meinung nach bestimmte Gesetze reformiert werden?
Definitiv, siehe oben und unten bezüglich des Eckpunktepapier der Bundesregierung zur
kontrollierten Abgabe von Cannabis.
Wie bewerten Sie die verwaltungsrechtlichen Bestimmungen für den Gebrauch von Cannabis?
Konkrete verwaltungsrechtliche Bestimmungen für den Gebrauch von Cannabis in Darmstadt
sind mir nicht bekannt. Sehr wohl ist mit bekannt, dass die Staatsanwaltschaft im Rahmen ihres
Ermessens von einer Verfahrenseinstellung Gebrauch machen kann, dies aber nicht muss (siehe „Eigenbedarf- oder Toleranzgrenze“, § 31a Abs. 1 S. 1 BtMG). In Hessen hat sich dabei meines Wissens eine (verglichen mit Berlin oder NRW) niedrige Toleranzgrenze von bis zu 6 g
durchgesetzt. 5 Diese zusätzliche rechtliche Unsicherheit zwischen den Bundesländern sorgt
neben der sowieso bereits unverhältnismäßigen Verfolgung auch noch für Intransparenz und
Willkür. Der Bundesgesetzgeber hat es hier mMn. verpasst, konkrete Ermessensspielräume in
dem Gesetz zu normieren.
Was halten Sie von lokal und zeitlich begrenzten wissenschaftlich begleiteten Modellprojekten
für schadensminimierende Ansätze in der Drogenpolitik? Würden Sie solche Initiativen in der Wissenschaftsstadt Darmstadt begrüßen?
Solche Initiativen würde ich begrüßen und bedauere es, dass bisher meines Wissens noch keine diesbezügliche Arbeit geleistet wurde.

2. Das Reform-Vorhaben der Bundesregierung
Wie finden Sie das kontrovers diskutierte Reform-Vorhaben der Bundesregierung zur
Regulierung von Cannabis?
Ich begrüße diese Reformvorhaben umfassend und hoffe, dass eine baldige Umsetzung
ermöglicht wird, s.o.
Rechnen Sie mit Auswirkungen auf die Stadt Darmstadt?
5
https://www.dahag.de/c/ratgeber/strafrecht/cannabis-in-deutschland#c9518 (aufgerufen am 25.01.23).Durch die Legalisierung im Rahmen des Eckpunktepapiers der Ampel werden weniger Menschen kriminalisiert werden und die lokalen Gerichte und (Strafverfolgungs-) Behörden entlastet werden.
Entwickeln Sie Pläne zur Bewältigung der dadurch entstehenden Herausforderungen sowie zur
Nutzung der daraus erwachsenden Chancen?
Solche kommunalen Pläne wird es, eingebettet in bundesrechtliche Vorgaben, geben müssen,
um einen konfliktfreien Übergang zur Legalität zu ermöglichen. Außerdem muss es das Ziel
der Legalisierung sein, Qualitätsstandards sicherzustellen, effektiven Jugendschutz zu
gewährleisten und den Schwarzmarkt zu bekämpfen.
Hierfür würde ich durch gezielte Maßnahmen sorgen.
Wie hoch schätzen Sie die dann eintretende Entlastung für Polizei und Justiz in Darmstadt ein?
Werden gegebenenfalls andere Strafverfahren schneller bearbeitet?
Leider habe ich keine konkreten Zahlen zu den Cannabisdelikten, die von
Verwaltungsbehörden und Gerichten in Darmstadt bearbeitet werden. Allerdings gehe ich
davon aus, dass die Auswirkungen groß sein werden, s.o. bezüglich der generellen Zahlen.
Rechnen Sie mit einer Entlastung oder Belastung des Gesundheitswesens?
Auch dazu fehlt es mir an konkreten Zahlen. Meines Wissens nach geht von Cannabisprodukten jedenfalls keine umfassende Lebensbedrohung aus, ob es Veränderungen im Rahmen kleinerer Behandlungen geben wird kann ich nicht prognostizieren. Ich gehe aber grundsätzlich davon aus, dass unser Gesundheitssystem nicht negativ durch eine Legalisierung belastet werden wird.

3. Länderspezifische Bestimmungen
In Hessen kann ein Strafverfahren bei Besitz einer geringen Menge Cannabis eingestellt
werden. In einer Rundverfügung der Generalstaatsanwaltschaft von 06.05.2008 steht:
"Bezieht sich ein Konsumentenvergehen der vorbezeichneten Art auf Cannabisprodukte, ist bei
Gewichtsmengen bis zu sechs Gramm grundsätzlich gemäß § 31 a BtMG von der
Strafverfolgung abzusehen. Ein folgenloses Absehen ist auch bei wiederholter Tatbegehung
zum gelegentlichen Eigenverbrauch nicht ausgeschlossen."*
Wie bewerten Sie diese hessische Regelung?
*Quelle:
https://hanfverband.de/sites/hanfverband.de/files/rundverfuegung_der_generalstaatsanwaltsch
aft_hessen.pdf
siehe oben.

4. Sonstiges
Die Legalisierung und vor allem die Entkriminalisierung von Drogendelikten liegt mir sehr
am Herzen. Tatsächlich schrieb ich im Rahmen meines Studiums der Sozialpädagogik meine
Abschlussarbeit über „Kriminalität und soziale Ausgrenzung bei männlichen Jugendlichen“ bei
Prof. Scheer, der ja auch bundesweit sehr bekannt ist für seine Publikationen und konnte mich
in diesem Rahmen auch bereits mit der Delinquenz aufgrund von Drogendelikten
auseinandersetzen (auch wenn diese nicht den Schwerpunkt darstellten).
Als Oberbürgermeistern möchte ich meinen Teil dazu beitragen, dass die aktuell stattfindende
Kriminalisierung gestoppt wird. Um dies gegebenenfalls auch abseits von bundes- und
landesrechtlichen Vorgaben hinzubekommen, möchte ich auch prüfen, ob die
Verfolgungsgrenzen auf kommunaler Ebene verändert werden können.
Antwort Gerburg Hesse-Hanbuch (FDP)
vielen Dank für Ihr Interesse an der OB-wahl in Darmstadt und die interessanten Fragen in Bezug auf Drogenpolitik im Allgemeinen und die aktuelle CannabisThematik im Besonderen.Einige Ihrer Fragen sind als Kommunalpolitiker kaum zu beantworten, anderen stelle ich mich gerne auch aus Sicht der Apothekerinnen und Apotheker. Sie wissen ja, dass ich als angestellte Apothekerin tätig bin.

    1. Die derzeitige Situation

Die geltenden Regeln zu Nutzhanf, Medizinalhanf und illegalem Cannabis müssen alle auf den Prüfstand.
Der Anbau von Nutzhanf (WS-Gehalt <0,3%), auch Faserhanf genannt, darf  seit 1996 unter strengen Auflagen erfolgen, ist genehmigungspflichtig und unterliegt der Aufsicht durch das Gesundheitsministerium. Die Fasern werden für viele Produkte genutzt. Die Samen dienen z.B der Gewinnung von Hanföl, das seit einigen Jahren boomt und im wörtlichen Sinne in aller Munde ist, z.B. in Teesorten, Gummibärchen oder als wertvolles Speiseöl. Hanföl, häufig auch als CBD-ÖL bezeichnet, soll gesundheitsfördernde Eigenschaften haben und beruhigend und schmerzlindernd wirken.
CBD- haltige Produkte sind seit einigen Jahren als Arzneimittel, als Medizinprodukte oder als  Nahrungsergänzungsmittel im Handel. Oft ist die Einordnung nicht ganz klar. Und die Wirkungen einzelner Präparate nicht nachgewiesen. Hier muss dringend Klarheit geschaffen werden: für Produzenten, Händler und Verbraucher.
In Darmstadt gibt es Hanfshops. Auch hier gab es zu Beginn große Unsicherheit. So findet man viele Berichte über Razzien und Beschlagnahmungen durch Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt.
Unsicherheit ist geblieben.

Beim Medizinalhanf sind die rechtlichen Vorgaben klar und eindeutig.
Seit 2017 gibt es die Möglichkeit unter ganz bestimmten Voraussetzungen, Cannabisarzneimittel auf einem Betäubungsmittelrezept zu verordnen.
Wir importieren Cannabis in pharmazeutischer Qualität vorwiegend aus Holland und Kananda.
Alles ist genauestens geregelt, teilweise meiner Meinung nach überreguliert. Ich könnte mir vorstellen, bürokratische Hürden für Ärzte und Patienten zu entschlacken und mehr Menschen mit pharmazeutischen Cannabisprodukten zu helfen.

Die aktuell geltenden Regeln für  illegale Cannabisprodukte müssen ebenfalls dringend angepasst werden und verantwortungsvoll liberalisiert werden.


    2. Das Reformvorhaben der Bundesregierung
 ist ein wichtiges  Thema der Freien Demokraten.
Die Liberalen wollen einen drogenpolitischen Paradigmenwechsel und setzen auf Prävention statt Bestrafung, auf mehr Aufklärung statt Repressalien.
Auf diese Weise konnten Alkohol- und Tabakkonsum in den letzten Jahren deutlich gesenkt werden.
Das Verbot von Cannabis kriminalisiert unzählige Menschen, bindet Polizeiressourcen und erleichtert durch Kontakt zu Dealern den Einstieg zu härteren Drogen.
Ich bin sicher, dass sowohl die  Polizei, als auch die Justiz  entlastet werden. Wie genau, das wird sich zeigen.
Als Apothekerin setze ich auf Gesundheitsschutz durch bessere Produktqualität, auch das entlastet das Gesundheitswesen eher, als dass es belastet. Bisher gibt es nur ein Eckpunktepapier, aber noch keinen Gesetzentwurf. Ich bin jeden Tag gespannt, was es von unserem Gesundheitsminister zu hören gibt. Und auch dieses Thema verfolge ich mit großem Interesse weiter.

    3. In Hessen
Soll von der strafrechtlichen Verfolgung  abgesehen werden, sofern nur geringen Mengen-  nicht mehr als 6 Gramm- gefunden werden. Hilfsangebote, wie der Besuch von Beratungen oder Seminaren oder die Teilnahme an einer Therapie, sollen gemacht werden.
„Geringe Menge“  von Cannabis variieren in den Bundesländern zwischen 6-10g. Es gibt in den Ländern Kann- oder Sollbestimmungen, aber keinen Anspruch auf ein Absehen von Strafverfolgung.
Ob die Schuld des Täters als gering anzusehen ist, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter die BTMs nur zum Eigenverbrauch besitzt, muss im Einzelfall von zuständigen Gerichten geklärt werden.
Meiner Meinung nach sollte eine bundesweite, klare Regelung geschaffen werden. Mit dem Vorhaben einer gut durchdachten und verantwortungsvollen Legalisierung sind wir auf einem guten Weg.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen kleinen Einblick in meine Gedanken zu der aktuellen Cannabisdiskussion geben. Bei Rückfragen dürfen Sie sich gerne melden.
Antwort Ulrich Franke (Linke)
1. Die derzeitige Situation
Wie bewerten Sie die aktuell geltende Regeln für den Umgang mit
a) Nutzhanf
Der Grenzwert des THC-Gehalts ist zu niedrig. Er sollte auf mindestens 0,6 Prozent i. Tr. Angehoben
werden. Außerdem ist problematisch, dass auch Teile der Pflanze dem BtMG unterfallen, die keine
berauschende Wirkung haben.
b) Medizinalhanf
Die genehmigte Anbaumenge in Deutschland ist zu gering, so dass importiert werden muss und
Engpässe zu befürchten sind.
c) Illegalen Cannabis Produkten
Ich bin für die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken und eine kontrollierte Freigabe. Die
Freigabe sollte nur an Volljährige erfolgen. Flankierend sind Aufklärungs- und
Präventionsprogramme aufzulegen. Eigenanbau soll in geringem Umfang von einigen Pflanzen
möglich sein.
Gibt es direkte Auswirkungen auf die Stadt Darmstadt?
Siehe unten.
Sollten Ihrer Meinung nach bestimmte Gesetze reformiert werden?
Ja, das BtMG sollte reformiert werden.
Wie bewerten Sie die verwaltungsrechltichen Bestimmungen für den Gebrauch von Cannabis?
Damit kenne ich mich nicht aus.
Was halten Sie von lokal und zeitlich begrenzten wissenschaftlich begleiteten Modellprojekten für
schadensminimierende Ansätze in der Drogenpolitik? Würden Sie solche Initiativen in der
Wissenschaftsstadt Darmstadt begrüßen?
Dieser Ansatz geht vermutlich über die Angebote der Drogenhilfe im Scentral (die ich voll und ganz
unterstütze) hinaus. Über die Notwendigkeit für weitergehende Ansätze werde ich mich als OB
gerne informieren, wenn ein Bedarf signalisiert und Handeln eingefordert wird.

2. Das Reform-Vorhaben der Bundesregierung
Wie finden Sie das kontrovers diskutierte Reform-Vorhaben der Bundesregierung zur Regulierung
von Cannabis?
Das Vorhaben ist ein großer Schritt nach vorn. Das größte Problem ist, dass die Umsetzung nicht
vorankommt.

Rechnen Sie mit Auswirkungen auf die Stadt Darmstadt?
Die Stadt wird Aufklärungs- und Präventionsangebote machen bzw. Träger damit beauftragen
müssen.
Entwickeln Sie Pläne zur Bewältigung der dadurch entstehenden Herausforderungen sowie zur
Nutzung der daraus erwachsenden Chancen?
Die Realität wird sich nicht wesentlich ändern, sie wird nur in verschiedener Hinsicht einfacher.
Polizei und Justiz werden entlastet, siehe unten. Ich sehe keine Herausforderungen, für die Pläne
entwickelt werden müssten, und ebensowenig ist mir ersichtlich, welche Chancen für die Stadt
entstehen. Vielleicht ist kann die Entstehung eines neuen Geschäftszweigs des Cannabishandels
als Chance begriffen werden, während mögliche Ängste und Skepsis der Anwohner*innen eine
gewisse Herausforderung darstellen könnten.
Wie hoch schätzen Sie die dann eintretende Entlastung für Polizei und Justiz in Darmstadt ein?
Werden gegebenenfalls andere Strafverfahren schneller bearbeitet?
Die Entlastung von Polizei und Justiz ist eine wichtige positive Folge der Legalisierung von Cannabis
zu Genusszwecken. Da eine faktische Legalisierung bereits stattgefunden hat, vermute ich dass der
Effekt gar nicht mehr sehr groß sein wird.
Rechnen Sie mit einer Entlastung oder Belastung des Gesundheitswesens?
Ich glaube, dass sich keine wesentliche Änderung ergeben wird. Wenn die Zahl der Psychosen und
ähnlicher gravierender Folgen des Konsums tatsächlich derart zunehmen sollte, dass dies das
Gesundheitswesen spürbar belastet, dann müssten die Bedingungen für die Freigabe überdacht
werden. Möglicherweise wird die leichte Verfügbarkeit den Konsumierenden ermöglichen, die
Symptome bestimmter Erkrankungen ohne Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung zu lindern, so
dass hieraus eine gewisse Entlastung folgen würde.
3. Länderspezifische Bestimmungen
In Hessen kann ein Strafverfahren bei Besitz einer geringen Menge Cannabis eingestellt werden. In
einer Rundverfügung der Generalstaatsanwaltschaft von 06.05.2008 steht:
"Bezieht sich ein Konsumentenvergehen der vorbezeichneten Art auf Cannabisprodukte, ist bei
Gewichtsmengen bis zu sechs Gramm grundsätzlich gemäß § 31 a BtMG von der Strafverfolgung
abzusehen. Ein folgenloses Absehen ist auch bei wiederholter Tatbegehung zum gelegentlichen
Eigenverbrauch nicht ausgeschlossen."*
Wie bewerten Sie diese hessische Regelung?
So ist es besser als vorher.
4. Sonstiges
Möchten Sie uns etwas anderes zum Thema Cannabis oder Drogenpolitik mitteilen?
Legalize it!
Antwort Holger Klötzner (Volt)
Die derzeitige Situation

1) Wie bewerten Sie die aktuell geltende Regeln für den Umgang mit
a) Nutzhanf
b) Medizinalhanf
c) Illegalen Cannabis Produkten

Antwort: Nutzhanf und Medizinalhanf kann ich nicht beurteilen, dazu fehlt mir die Fachkenntnis. Die heutigen Regeln für illegale Cannabis-Produkte halte ich für äußerst kontraproduktiv. Personen, die in Ihrer Freizeit konsumieren und niemandem schaden, werden kriminalisiert und gesellschaftlich geächtet. Personen mit problematischem Konsumverhalten sind häufig abhängig von Dealern, die kein Interesse an Jugendschutz, Wirkstoffreinheit oder Therapiemöglichkeiten haben. Die Idee, dass die Kriminalisierung von Cannabisprodukten Menschen schützt, ist überholt und gefährlich. Dabei könnten wir es besser wissen: Die vorübergehende Prohibition von Alkohol in den USA hat das eindeutig bewiesen. Wir brauchen stattdessen ein liberales Gesetz, das den Konsum von Cannabis legalisiert und den Verkauf über lizenzierte Geschäfte abbildet. Bei jedem Kauf muss die Möglichkeit einer Beratung bestehen, um problematischem Konsumverhalten früh entgegenzuwirken. Steuergelder, die durch den Verkauf von Cannabisprodukten eingenommen werden, müssen für niedrigschwellige Präventions- und Beratungsmaßnahmen genutzt werden.

2) Gibt es direkte Auswirkungen auf die Stadt Darmstadt?
Antwort: Auch in meinem Umfeld gibt es Personen, die ein problematisches Konsumverhalten aufweisen und Hilfe benötigen, sich dies aber nicht eingestehen. Der Gang zum Arzt ist eine große Hürde, der Gang zum netten Dealer um die Ecke ist bedeutend einfacher. Auf diese Weise verfestigen sich Abhängigkeiten, die mit Hilfe von niedrigschwelligen Präventions- und Beratungsmaßnahmen vielleicht nie entstanden wären.

3) Sollten Ihrer Meinung nach bestimmte Gesetze reformiert werden?

Antwort: Ja, siehe oben.

4) Wie bewerten Sie die verwaltungsrechtlichen Bestimmungen für den Gebrauch von Cannabis?

Antwort: Ich mache das mal am Beispiel Führerschein fest: Menschen sollen nüchtern und wach am Straßenverkehr teilnehmen, deshalb befürworte ich beispielsweise eine 0,0-Promille-Grenze für Alkohol. Möchte ich deshalb Leuten den Konsum von Alkohol verbieten? Nein. Gleiches gilt auch für den Konsum von Cannabis-Produkten. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Wirkungszeit und Nachweisbarkeit.

5) Was halten Sie von lokal und zeitlich begrenzten wissenschaftlich begleiteten Modellprojekten für schadensminimierende Ansätze in der Drogenpolitik? Würden Sie solche Initiativen in der Wissenschaftsstadt Darmstadt begrüßen?

Antwort: Ja, das würde ich unterstützen. 

Das Reform-Vorhaben der Bundesregierung

6) Wie finden Sie das kontrovers diskutierte Reform-Vorhaben der Bundesregierung zur Regulierung von Cannabis?

Antwort: Es ist ein großer Schritt in die richtige Richtung mit Verbesserungspotenzial.

7) Rechnen Sie mit Auswirkungen auf die Stadt Darmstadt?

Antwort: Ja, die Reform wird in allen deutschen Kommunen Auswirkungen zeigen. Es wird im Gegensatz zu heute Läden (z.B. Apotheken) geben, in denen man Cannabis mit THC-Wirkstoff kaufen kann. Die Zahl der Straßendealer wird sich deutlich verringern.

8) Entwickeln Sie Pläne zur Bewältigung der dadurch entstehenden Herausforderungen sowie zur Nutzung der daraus erwachsenden Chancen?

Antwort: Ja, das werde ich anstoßen.

9) Wie hoch schätzen Sie die dann eintretende Entlastung für Polizei und Justiz in Darmstadt ein? Werden gegebenenfalls andere Strafverfahren schneller bearbeitet?

Antwort: Die Entlastung wird nicht unerheblich sein, das ist zumindest die einhellige Meinung von Personen, die sich damit auskennen müssen, z.B. der bekannte Berliner Richter Andreas Müller.

10) Rechnen Sie mit einer Entlastung oder Belastung des Gesundheitswesens?

Antwort: Ich rechne mit einer Entlastung des Gesundheitssystems, da Prävention und Beratung den Anteil der Personen mit problematischem Konsumverhalten verringern können. Des Weiteren wird es durch eine bessere Kontrolle des Wirkstoffs zu weniger unerwünschten Nebeneffekten kommen. Ich erwarte nicht, dass sich die Gesamtzahl der Konsumenten erhöht, das zeigen auch einige Vergleichsstudien aus anderen Ländern.

Länderspezifische Bestimmungen

11) In Hessen kann ein Strafverfahren bei Besitz einer geringen Menge Cannabis eingestellt werden. In einer Rundverfügung der Generalstaatsanwaltschaft von 06.05.2008 steht:
"Bezieht sich ein Konsumentenvergehen der vorbezeichneten Art auf Cannabisprodukte, ist bei Gewichtsmengen bis zu sechs Gramm grundsätzlich gemäß § 31 a BtMG von der Strafverfolgung abzusehen. Ein folgenloses Absehen ist auch bei wiederholter Tatbegehung zum gelegentlichen Eigenverbrauch nicht ausgeschlossen." Wie bewerten Sie diese hessische Regelung?

Antwort: Zur Zeit, als die Regelung eingeführt wurde, war das ein Fortschritt. Wir brauchen aber prinzipiell eine andere Herangehensweise, das habe ich weiter oben skizziert.

Sonstiges

12) Möchten Sie uns etwas anderes zum Thema Cannabis oder Drogenpolitik mitteilen?

Antwort: Vielen Dank für die Anfrage!

13) Wenn Sie nichts dagegen haben, würden wir gerne Ihre Antworten auf unseren Social Media Kanälen veröffentlichen.

Antwort: Bei der Veröffentlichung ist mir wichtig, dass immer meine komplette Antwort abgebildet wird.

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